Winter 2011/2012
Der erste Winter war mit Abstand der härteste. Obwohl der Vorbesitzer der AMITY diese wirklich liebevoll gepflegt und ausgestattet hatte, gab es so viel für uns, was wir anders oder zusätzlich haben wollten. Außerdem war alles neu, keiner von uns hatte jemals hinter die Verkleidung eines Bootes geschaut, geschweige denn darüber nachgedacht, wie das Wasser aus dem Wassertank zum Wasserhahn kommt. Auch hatten wir keinerlei Vorstellung, wo man bestimmte Teile günstig bestellen kann. Am Anfang ging die meiste Zeit dafür drauf, bei den verschiedenen Anbietern die gewünschten Komponenten zu finden. Und natürlich auch dafür, die „Wege“ im Boot zu verstehen. „Wo kommt denn dieser Schlauch her?“ oder „Brauchen wir das noch?“ waren die häufigsten Fragen.
Hilfreich hierbei war, dass der Motor ausgebaut war. Bei einigen Dingen musste man sich nur zu helfen wissen. Und da wir alle Schläuche erneuern wollten, ließen sich die Wege leicht finden, indem die alten einfach gezogen wurden (was sich einfacher liest, als in die Tat umzusetzen – meist mussten die Schläuche geschnitten werden, wobei der ein oder andere Finger durchaus mal im Weg war…). Zusätzlich holten wir uns viele Tipps bei Andy und Rolli. Andy ist Martins Arbeitskollege und unser Freund. Mit ihm hatten wir das Boot gekauft sowie den Motor überholt. Rolli ist unser Stegnachbar, Kapitän zur See im Ruhestand. Auch von ihm bekamen wir ganz viele Hinweise. Andy war der Meinung, dass wir die Borddurchlässe und Seeventile ersetzen sollten und dass man hierfür am besten neue aus Bronze einbaut. Also haben wir tagelang versucht, solche zu besorgen, bis wir schließlich bei Messing gelandet sind. Sorry Andy, aber zur Not halten die dann nicht 20 Jahre sondern nur 10…
Ein weiteres Problem bestand natürlich darin, herauszufinden, welche Löcher außen am Boot zu welchen Durchlässen innen gehören. Auch hier gilt, man muss sich einfach nur zu helfen wissen. Mehrere Stunden Arbeit, viel Schweiß und viel Frust entstanden bei dem Versuch, das erste Seeventil vom Borddurchlass zu lösen. Vergeblich, das verflixte Ding wollte einfach nicht losgehen. Irgendwie war immer etwas im Weg bzw. unser Werkzeug nicht passend. Als dann der Bootsbauer, der unsere Welle und Propeller neu machen sollte, einmal in der Halle war, fragten wir ihn, ob es einen Trick gäbe, um die Durchlässe auszubauen. „Also, wir flexen die einfach von außen ab, so dass man das ganze Teil nach innen ziehen kann…“ Hätten wir nur früher gefragt, denn um den Borddurchlass auszubauen benötigten wir auf diese Art nur noch Minuten. Ist schon komisch, wenn man plötzlich ein Loch im Boot hat.
Die Verkleidung im Boot sah ziemlich abgenutzt und verbraucht aus und wir hatten eigentlich vor, diese komplett zu erneuern. Aber wie sollte man eine neue „Elefantenhaut“ sauber und ordentlich um Ecken und Rundungen verlegen? „Das bekommen wir doch nie hin!“ war der gemeinsame Tenor und wir verschoben das Problem auf später. Das war definitiv eine gute Entscheidung. Denn als wir das nächste Mal Rolli am Boot trafen, kam er auf die Idee, die Verkleidungen zu reinigen und anschließend mit Fensterlack zu streichen. Gesagt getan – auf diese Art behandelten wir sämtliche Verkleidungen, und das Ergebnis konnte sich wirklich sehen lassen.
„Martin, die Halterung für das Getriebe müsst Ihr neu laminieren, da löst sich das Laminat auf“. Eigentlich wollten wir darauf verzichten. Schließlich hatten wir die Nase gestrichen voll und keine Lust mehr, noch eine Halterung zu laminieren. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich aber, dass Andy recht hatte (wie fast immer). Also wurde die Halterung natürlich neu einlaminiert (wir waren inzwischen Laminierprofis) und anschließend zusammen mit der Bilge mit Bilgenfarbe gestrichen. War keine schlechte Idee, zumal der Motor ja noch ausgebaut war.
Apropos Laminieren – die Rückwand der Achterkajüte war mit einer gammeligen mit Teppich bezogenen Verkleidung versehen. Hier gab es nichts mehr zu retten, die musste neu. Und da wir eine Außendusche haben wollten, brauchten wir einige Zentimeter Luft zwischen Außenwand und Verkleidung. Also einige Bretter anlaminieren und eine neue Verkleidung schneiden. Hört sich einfach an, kostete aber doch einige Nerven. Immerhin ist das Ergebnis mehr als sehenswert. Und für den Anschluss der Außendusche entstand somit auch genügend Platz. Die Dusche wurde noch in der Halle ausprobiert und im ersten Urlaub gebührend eingeweiht.
Wir haben im ersten Winter viel erreicht. Die Elektrik ist komplett neu, alle Schläuche ausgewechselt, einige Borddurchlässe erneuert, diverse Halterungen laminiert. Viele Erweiterungen haben sich sofort bewährt, so möchten wir nie nachts ohne AIS fahren. Auch der überholte Motor hat uns seitdem nie in Stich gelassen. Die Dusche ist prima, die Bilgenpumpen arbeiten und der neue dreiflüglige Festpropeller ist absolut zuverlässig. Im Innenbereich verpassten wir der Amity ein komplettes Facelift, so dass wir uns total wohl fühlen.
Auch wenn wir zwischendurch am liebsten alles hingeschmissen hätten, sind wir rechtzeitig zum Sommer fertig geworden. Wir haben unser Boot kennengelernt und fühlen uns nun auch viel sicherer. Durch die vielen Tipps und geglückten sowie gescheiterten Versuchen sind wir mittlerweile kleine „Fachleute“ im Refit. Aber natürlich würden wir beim nächsten Mal vieles anders machen.